Meares Island

Fast wären wir gar nicht nach Vancouver Island gefahren. Unser Meilenzähler war schon vorher strapaziert und die $160 für die Fähre reißen ein Loch in die Backpacker-Kasse. Ausschlaggebend war die Behauptung dreier Insulanerinnen, die wir zufällig trafen, bei ihnen sei es immer ein paar Grad wärmer als auf dem Festland. Dafür waren wir nach der winterlichen Kälte in den Olympic Mountains zu haben. Und die Mädels hatten recht: Es ist warm hier. So warm, dass wir gleich mehrmals hören: „Ihr habt echt Glück jetzt hier zu sein, das ist gerade wie August im Mai.“

https://youtu.be/uHp-slm2wJk

Erstmal müssen wir über die Grenze. Schon am Hafen in Anacortes bei Seattle informiert uns ein Schild, dass „einige Schusswaffen in Kanada nicht erlaubt“ seien. Schweren Herzens räumen wir unseren Ford aus und fahren deutlich leichter auf das Schiff. Der Grenzer in Sidney stellt dann allerdings nur ein paar harmlose Fragen und stempelt unsere Pässe mit Ahornblatt-Bildchen.

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Die Inselmetropole Victoria lassen wir schnell liegen und fahren in den kleinen Surfer-Ort Tofino. Der liegt auf einer Landzunge zwischen offenem Pazifik und einer ruhigen, mit kleinen bewaldeten Inseln besprenkelten Bucht. So paddeln wir an einem Tag mit Kayaks zwischen den Inselchen hindurch, während der Guide sein Wissen über Indianer, Adler und eine hier im Paradies geplante Kupfermine weitergibt.

https://youtu.be/vR3oGlGxe1U

Am nächsten Tag stürzen wir uns in eineinhalb Meter hohe Wellen. Neoprenanzüge lassen uns in 12°C kaltem Wasser auch nach drei Stunden nicht frieren. Dazu haben wir Body Boards ausgeliehen – kleine Styroporbretter für Leute, die zu weit vom Meer aufgewachsen sind um Surfen zu können. Großer Spaß mit wenig Anfängerfrust. Und nach der ersten bis zum Strand durchgerittenen Welle hat man immerhin eine kleine Ahnung vom Kick des Surfens.

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Abends entspannen wir jeweils im Whirlpool des Campingplatzes (der weniger kostet als manches kalifornische Etablissement ohne Duschen und Warmwasser).

 

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Auf dem Rückweg an die Ostküste der Insel überkommt uns die Reisemüdigkeit. Keine Lust weiterzufahren, keine Lust Neues zu sehen, Sehnsucht nach Alltag. Also bleiben wir ein paar Tage in der Kleinstadt Nanaimo hängen. Gehen ins Schwimmbad, bummeln, lesen im Café, ich arbeite einen Tag von der Bibliothek aus.

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Als wir nach drei Tagen immer noch nicht weiter wollen, der Walmart-Parkplatz als Bleibe aber langsam ungemütlich wird, ziehen wir auf die Farm von Joanne und Richard. Die beiden Althippies bauen hier Blaubeeren an, wir helfen gegen Kost & Logis ein paar Tage aus. Während Joanne hauptberuflich Bäuerin ist, verbringt Richard den Großteil seiner Tage und Nächte im Homestudio, wo er alle Arten von Musik produziert, vor allem aber die Alben seiner Tochter Hailey, die mit „More Than You Know“ vor ein paar Jahren einen ziemlichen Hit hatte. Richard hat eine Vergangenheit als Produzent von Hip-Hop im rauen Washington DC und Filmmusik in Portland. Er kann stundenlang Geschichten erzählen.

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Joanne ist ehrenamtliche Chefin von Broombusters, einem Verein zur Bekämpfung der überall auf der Insel wuchernden invasiven Pflanze Scottish Broom, die zwar hübsch blüht, aber heimische Arten verdrängt. Joanne hat sich mit missionarischem Eifer ihrer Ausrottung verschrieben und schickt uns jeden Tag mit großen Zangen an den Highway zum „Broombusten“. Ansonsten helfen wir im Garten und beim Holz. Nach Feierabend radeln wir mit unseren Kollegen aus Australien, England und Spanien zum Baden, spielen Fußball oder hören Musik. Am Sonntag nimmt uns Joanne zu einer Feuerzeremonie im buddhistischen Tempel mit. Nach einer knappen Woche Farmleben zieht es uns weiter. Auf in die Rocky Mountains!

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