Words And Numbers

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Über kreatives Manipulieren von Wahlen

Meine liebsten Geschichten sind die, bei deinen sich Politik und Mathe begegnen. Daher mag ich die Geschichte, die wir diese Woche im Wissenschaftsteil der SZ veröffentlicht haben. Es geht um einen beliebten Sport in den USA: das geschickte Zuschneiden von Wahlkreisen zum Vorteil der eigenen Partei. Bei US-Wahlen kommt es immer wieder vor, dass die Partei, die die Mehrheit der Stimmen in einem Senat erhält, am Ende trotzdem weniger Sitze im Repräsentantenhaus bekommt. Bei den vergangenen Kongresswahlen 2016 war das zweimal der Fall, in Wisconsin und Virginia.*

Wie das genau funktioniert, welche Auswirkungen es hat und mit welchen Methoden Mathematiker zu beurteilen versuchen, ob ein Wahlkreis fair eingeteilt ist, darüber schreibt hier mein Kollege Patrick Illinger. Julian Hosse und ich haben die Grafiken produziert.

Möglich war dieses Projekt, weil es in Amerika eine unglaubliche Fülle an öffentlichen Daten frei verfügbar und gut aufbereitet im Netz gibt. In Deutschland ist es deutlich schwieriger, solche Geschichten datengetrieben zu erzählen. Besonders hilfreich war in diesem Fall die Abteilung für Politikwissenschaft and der Universität von Kalifornien in Los Angeles, die die Umrisse der US-Wahlkreise seit dem 19. Jahrhundert sammelt.

*Der Titel dieses Beitrags entspricht dem Code-Befehl, mit dem ich aus der Liste der Wahlergebnisse eben jene beiden Fälle gefiltert habe: Dort ist das Vorzeichen (sign) der Stimm-Differenz zwischen Demokraten und Republikanern ein anderes als das der Sitz-Differenz.

Wie wir die Steuerpläne der Groko visualisiert haben


Für die aktuelle Ausgabe der SZ haben meine Kollegin Julia Kraus und ich eine Grafik produziert, die zeigt wer von geplanten Steuerentlastungen einer möglichen neuen Großen Koalition profitieren würde. Da ich danach gefragt wurde, hier ein paar Dinge zu unserer Vorgehensweise.

Grundlage der Simulation ist das Papier, in dem CDU, CSU und SPD die Ergebnisse ihrer Sondierungsgespräche festgehalten haben. Wir haben das Dokument auf SZ.de veröffentlicht (PDF). Ab Seite 15 gibt es ein Kapitel zu Steuern und Finanzen, das zwar relativ knapp gehalten ist, aus dem sich die wesentlichen Punkte aber dennoch ziemlich deutlich herauslesen lassen.

  • 90 Prozent der Steuerzahler sollen vom Soli befreit werden. Das sind alle Haushalte, die weniger als etwa 70.000 Euro brutto im Jahr verdienen.
  • Die Beiträge der Krankenkasse werden künftig wieder von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gleichmäßig bezahlt.
  • Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung sinken um 0,3 Prozentpunkte.
  • Kindergeld und Kinderfreibetrag werden erhöht.

Wissenschaftler der beiden Institute ZEW und IZA haben für uns die Auswirkungen dieser Maßnahmen berechnet. Dafür haben sie zwei Datengrundlagen verwendet: einmal einen Datensatz der Finanzverwaltung, der anonymisierte Steuererklärungen erhält. Darin sind ca 40 Parameter enthalten, die für die Steuer relevant sind – Kinderzahl, Freibeträge, Steuerklasse etc. Außerdem Daten aus dem Sozio-ökonomischen Panel, einer großen Bevölkerungsbefragung, bei der die Teilnehmer Angaben etwa zu ihren Einkommensverhältnissen machen. Beide Datensätze haben gewisse Schwächen, in der Kombination erlauben sie es den Forschern aber Cross-Checks zu machen und zu sehr validen Ergebnissen zu kommen.

Für jeden Einträg in diesen Datensätzen können die Forscher nun berechnen, was die von der Groko geplanten Änderungen an den Formeln für Steuern und Sozialbeiträge ändern würden, und daraus die gesamte Entlastung für jeden Haushalt berechnen. Daraus haben wir mehrere Auszüge veröffentlicht: die durchschnittliche Entlastung für zehn verschiedene Einkommensgruppen und für verschiedene typische Beispiel-Haushalte. Und das, was die Grafik oben zeigt: die jeweilige Entlastung für etwa 15.000 repräsentativ ausgewählte Einzelhaushalte.

Auf diese Visualisierung bin ich ein bisschen stolz. Denn das deutsche Steuersystem ist mit all seinen Ausnahmen und Sonderregelungen hochkomplex und hochindividuell. Kaum ein Steuerfall gleicht dem anderen. Daher zeigen wir nicht nur Mittel- und Beispielwerte – sondern in einer Grafik mit 15.000 Einzelpunkten das ganze Spektrum.

Hier noch eine Variante der Grafik, die die relative Entlastung in Prozent des Einkommens zeigt:

Das Projekt ist inspiriert von dieser Visualisierung der New York Times.

Fragen? Anmerkungen? Gerne hier in die Kommentare oder in der Diskussion auf Facebook und Twitter.

Deutschland ist ein Wegwerfland – na und?

https://www.facebook.com/ihre.sz/videos/1383858585038850/

Wir haben etwas ausprobiert. Eigentlich wollten wir einfach nur Daten zum Müll in Deutschland auswerten und analysieren. Weil man diese Daten aber so oder so deuten kann, haben meine Kollegin Vivien Timmler und ich am Ende ein Streitgespräch geführt. Einmal siehe oben als Video, einmal als etwas ausführlicherer Text, den man hier nachlesen kann.

Anders über Umfragen berichten

Spätestens, seit vergangenes Jahr zuerst die Volksabstimmung zum Brexit und dann die Wahl zum US-Präsidenten für die meisten sehr überraschend ausgingen, wird immer wieder über den Wert politischer Umfragen diskutiert. Was machen die Umfrage-Institute bloß falsch?

Die Antwort: gar nicht so viel. Die Umfragen der großen, renommierten Institute sind in der Regel ordentlich gemacht und kommen der tatsächlichen Stimmung in der Bevölkerung relativ nahe. Das Problem liegt eher bei den Medien und bei uns als Leser und Zuschauer. Weil wir Umfragen zu sehr vertrauen, enttäuschen sie uns oft. Natürlich können die Befragungen die Stimmung in der Bevölkerung nie ganz genau wiedergeben, sondern immer nur einen bestimmten Bereich eingrenzen. Mit meinen Kollegen Katharina, Martina und Sascha habe ich in den vergangenen Wochen eine Methode entwickelt, um diese Unsicherheit sichtbar zu machen. Das Ergebnis sind die beiden Grafiken, die hier zu sehen sind. Das Warum und Wie beschreiben wir ausführlich in diesem Artikel.

Dumm und glücklich

Interessantes Ergebnis aus der aktuellen Pisa-Studie: Schulleistung und Lebenszufriedenheit korrelieren mit -0.41. Anders gesagt: Dumm macht glücklich. Oder glücklich macht dumm.

Mehr dazu in der SZ.

Wir gehen auf Tour

Update: Wir mussten die Konzerte im April und Mai verletzungsbedingt absagen. Die Tour wird im Herbst nachgeholt.


Luftsprung: Ich darf im Frühjahr mit den besten Jungs durchs Land fahren und Konzerte spielen.

Weitere Termine folgen – hoffentlich auch in deiner Stadt. zu sein: Abonniere uns auf Facebook, um immer auf dem Laufenden zu sein.

Wenn du unseren Krach noch nicht kennst, ist dieses Video ein wunderbarer Einstieg:

Als nächstes hörst du dir dann am besten unser Album „In Sachen Lärm“ von vorne bis hinten an. Auf Spotify oder gerne auf CD – dazu Mail an mich.

Aktualisierung 13.03.2017: München und Düsseldorf neu auf dem Tourplan.

Welche Bahncard ist die richtige für mich?

Ich habe hier schon viel zu lange keinen supernerdigen Kram mit Zahlen und Formeln und Diagrammen und Code gepostet. So wie damals, als ich beweisen wollte, dass der Versuch, den Ölpreis vorherzusagen, Quatsch istals ich den Balkan Safari Ice Cream Index erfand oder als ich ausrechnete, zu welcher Uhrzeit ich am besten meinen Newsletter verschicke. Solche Dinge also, die überhaupt keinen Sinn ergeben und wahrscheinlich auch niemanden interessieren, mir aber seltsamerweise Freude machen.

Nun, es wird mal wieder Zeit für Nerdkram. Dieses Mal ergibt es aber sogar Sinn. Ich habe etwas ausgerechnet und spare dadurch wahrscheinlich echtes Geld.

Jedes Jahr zum 28. Februar läuft meine Bahncard ab. Die Bahn schickt mir dann immer rechtzeitig eine neue (und gelegentlich kurz darauf eine Mahnung, weil ich zwar die neue Bahncard in meinen Geldbeutel räume, beiliegende Rechnung aber verlege). Es ist also bald wieder soweit und ich fragte mich neulich, ob ich vielleicht wechseln sollte.

Ich habe seit vielen Jahren eine Bahncard 25 (die kostet 62 Euro im Jahr und man bekommt dafür jede Fahrkarte um 25 Prozent billiger). Das hat für mich lange großen Sinn gemacht, weil ich jahrelang sehr häufig nach Österreich gefahren bin und die BC25, anders als die Bahncard 50 (255 Euro, 50 Prozent Rabatt) auch auf Auslandsfahrten gilt [1]. Inzwischen fahre ich nicht mehr so häufig nach Österreich, dafür insgesamt deutlich mehr mit dem Zug. Also kam mir der Verdacht, dass vielleicht ein Wechsel auf die Bahncard 50 klug wäre. Da ich für die aber zunächst fast 200 Euro mehr zahlen muss, wollte ich nachrechnen.

Wenn man innerhalb eines Jahres Fahrkarten im Wert von x Euro kauft, dann zahlt man dafür:

  • ohne Bahncard: x Euro
  • mit BC25: x Euro * 75% + einmalig 62 Euro
  • mit BC50: x Euro *  50% + einmalig 255 Euro

Eine Bahncard 25 lohnt sich dann, wenn das jeweils gesparte Viertel des Fahrpreises mehr ergibt als die einmalig gezahlte Gebühr für die Bahncard. Sie lohnt sich also dann – ich habe ja Formeln versprochen -, wenn x > 0.75 * x  + 62.

Das kann man ausrechnen: Wer im Jahr mindestens 4 * 62 Euro = 248 Euro für Fahrscheine der Deutschen Bahn ausgibt, sollte sich eine Bahncard 25 zulegen [2].

Und wann lohnt sich nun der Wechsel auf die BC50? Um ein weiteres Viertel des Fahrpreises einzusparen, werden nun zusätzliche 193 Euro fällig.
In Formel: x * 0.25 + 62 > x * 0.5 + 255.

Diese Grenze liegt bei 4 * 193 Euro = 772 Euro. Wer also jährlich Fahrkarten für mehr als 772 Euro kauft, für den lohnt sich die BC50. Der Betrag bezieht sich dabei auf den vollen Fahrpreis ohne Abzug irgendeines Bahncard-Rabatts.

Das ist übrigens das, was euer Mathelehrer immer meinte, als er von Geradenschnittpunkten sprach.

Wann lohnt sich welche Bahncard? Grafik erstellt mit Geogebra.

Das ist zwar eine schöne Erkenntnis, aber keine Antwort auf meine Frage. Ich wollte ja wissen, wann sich für mich der Wechsel lohnt. Und woher soll ich wissen, wie viel ich im Jahr für’s Bahn fahren ausgebe?

Nun ja, von der Bahn zum Beispiel, oder? Ich kaufe fast alle Fahrscheine über die DB-App, die mit meinem Kundenkonto verknüpft ist [3]. Daher hat die Bahn auf ihren Servern einen fast vollständigen Datensatz meiner Bahnfahrten. Und ein bisschen ist die Bahn sogar bereit, diese Daten zu teilen:

Ich müsste jetzt nur 47 Buchungen aufrufen und mir jeweils den Preis notieren, schon wüsste ich, wie viel Geld ich 2016 in DB-Zügen verfahren habe. Bloß ist mir das halt zu umständlich. Leider bietet die Bahn keine Möglichkeit, die Daten irgendwie zusammenzufassen oder gar zu exportieren. Sie bietet mir als Erzeuger also nur so eine Art Besuchsrecht für meine Daten an, das Sorgerecht möchte sie für sich allein behalten.

Zum Glück ist mein Bank digital etwas besser aufgestellt als der olle Staatskonzern. Dort kann ich alle Kontobewegungen der vergangenen 12 Monate in einem Datensatz herunterladen. Der kommt als handliche CSV-Datei. An der musste ich nur ein kleines bisschen herumbasteln, dann konnte ich sie in eine Statistik-Software laden und auswerten.

Ich habe aus allen 349 Kontobewegungen des vergangenen Jahres zunächst alle rausgefiltert, bei denen im Namen des Empfängers/Absenders die Buchstabenfolge „DB“ vorkam. Übrig blieben 47 Einträge. Diese habe ich mir genauer angesehen. Sie verteilen sich auf folgende Namen:

[1] DB Rent GmbH
[2] DB Vertrieb GmbH
[3] VISA DB BAHN AUTOMATEN
[4] VISA DB RENT GMBH

Das sind tatsächlich alles Tochterfirmen der Deutschen Bahn. Allerdings kümmert sich die DB Rent GmbH um das Fahrrad-Verleihsystem Call A Bike. Da es darauf keinen Bahncard-Rabatt gibt, muss ich diese Positionen aus meiner Rechnung ausnehmen. Dann filtere ich noch alle Positionen mit positivem Betrag – wo ich von der Bahn also Geld bekommen habe, etwa als Erstattung für Verspätungen -, und alle Positionen mit Betrag 23 oder 28 Euro. Das waren 2016 die Preise für ein Bayern-Ticket für eine bzw. zwei Personen und auf die Länder-Tickets gibt es ebenfalls keinen Bahncard-Rabatt.

Über alle übrig gebliebenen Posten bilde ich die Summe der Beträge und erhalte als Ergebnis 982,85 Euro [4]. Das liegt deutlich über der berechneten Schwelle von 772 Euro – also werde ich auf eine Bahncard 50 umsteigen.

Einem Spinner wie mir macht es zwar großen Spaß, so etwas auszurechnen. Trotzdem stellt sich aber die Frage, warum die Bahn das nicht selbst macht: Die haben ja alle Daten, müssten für alle Kunden nur ein einziges Mal ein Skript schreiben und könnten dann die Leute kontaktieren: Hey, uns ist aufgefallen dass für dich ein anderes Bahncard-Modell besser wäre, magst du vielleicht wechseln? [5]

Warum nutzt die Bahn die Daten nicht, die sie so rumliegen hat und versucht, daraus für sich und für ihre Kunden einen Nutzen daraus zu ziehen? Ich glaube, das wäre das, was Manager meinen, wenn sie von Digitalisierung und Big Data sprechen. Nun gut, manche wissen selbst nicht so genau, was sie meinen. Aber ich glaube das wäre das, was sie meinen wollen, oder so.

However, wenn man das dann ausgerechnet hat, bleibt ja immer noch der tatsächliche Bahncard-Wechsel. Auch den macht die Bahn einem nicht so richtig einfach. Einen Monat vor Ablauf der alten anrufen und fragen, ob sie einem zum Tauschdatum ne 50er schicken können, funktioniert schon mal nicht: Die 25er sei schon „in Produktion“, hieß es (bei einem kostenpflichtigen Telefonat nach mehreren Minuten in der Warteschleife). Die Lösung sieht so aus: Man fische die neue Bahncard aus dem Briefkasten, fahre zum Bahnhof, gehe ins Reisecenter, ziehe eine Nummer, warte bis man dran ist, tausche dann die BC25 gegen eine vorläufige BC50. Die richtige BC50 bekommt man dann später per Post. Yo.

Lustigerweise war ich kürzlich bei einer Pressekonferenz zum neuen kostenlosen Wlan, das es jetzt in den ICEs ein bisschen gibt. Es war glaube ich der letzte gemeinsame Auftritt von Verkehrsminister Dobrindt und Rüdiger Grube, bevor letzterer seinen Job als Bahnchef hinwarf. Dobrindt sagte dort, dass „die Bahn  das Verkehrsmittel des digitalen Zeitalters ist“. Nun ja. 

Die Debatte auf Facebook

https://www.facebook.com/cendt/posts/10210623383953665?pnref=story

Anmerkungen

[1] Die Logik dahinter habe ich noch nie verstanden. Bei der Bahn sagten sie damals, die beiden Karten würden eben unterschiedliche Kundengruppen ansprechen.

[2] Ausgenommen davon sind Spezialtickets wie das Bayern-Ticket und das Quer-durchs-Land-Ticket, auf die gibt es keinen Bahncard-Rabatt.

[3] Wenn ich doch mal ein Ticket am Automaten kaufe, identifiziere ich mich dort in der Regel mit meiner Bahncard, so dass auch diese Daten erfasst werden.

[4] Hier noch der Quellcode meiner Analyse in R:

ing <- read.csv("ing.csv",sep=";")
> ing <- tbl_df(ing)
> db <- filter(ing,grepl("DB",Name))
> unique(db$Name)
[1] DB Rent GmbH
[2] DB Vertrieb GmbH
[3] VISA DB BAHN AUTOMATEN
[4] VISA DB RENT GMBH
> dbx <- filter(db,!grepl("Rent",Name))
> dbx <- filter(dbx,!grepl("RENT",Name))
> dbxx <- filter(dbx,!Betrag==23)
> dbxx <- filter(dbxx,!Betrag==28)
> dbxx <- filter(dbxx,Betrag<0)
> sum(dbxx$Betrag)
[1] -982.85

[5] Durch Googeln bin ich noch auf ein gut verstecktes Tool gestoßen, mit dem sich Pendler ausrechnen können, ob sich eine Bahncard lohnt. Für mich hat das aber keinerlei Wert.

Augsburg und die Bombe

„Journalismus ist der erste rohe Entwurf der Geschichte“ habe ich neulich auf einer Pinnwand gelesen. Der Spruch wird Phil Graham, dem ehemaligen Herausgeber der Washington Post zugeschrieben, stammt aber vermutlich nicht von ihm. Wie auch immer. Ich hatte kürzlich die Gelegenheit, journalistisch ein Ereignis zu begleiten, das zumindest in die Lokalgeschichte meiner Heimatstadt Augsburg eingehen wird: die Entschärfung einer Fliegerbombe am 1. Weihnachtsfeiertag 2016, samt der größten Evakuierung der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Wenn Journalismus der erste Entwurf der Geschichte ist, dann sind soziale Medien ja häufig der erste Entwurf von Journalismus. Darum möchte ich den Tag der Bombenentschärfung in Tweets und Facebook-Posts nacherzählen – und so für die Geschichte festhalten.

https://www.facebook.com/photo.php?fbid=10210182288486554&set=a.1655225253375.90832.1019393571&type=3

https://twitter.com/map/status/812990567290437633

 

https://twitter.com/politikurt/status/813091356860182528

https://www.facebook.com/cendt/videos/10210186360028340/

https://twitter.com/evaholland/status/813132284287074304

Windmühen

Illustration: Stefan Dimitrov

Strom kommt nicht aus der Steckdose und bald auch nicht mehr aus dem Atomkraftwerk. Wo der Strom stattdessen in Zukunft herkommt, das entscheidet sich in den Bürgersälen und Turnhallen der Republik. Im ganzen Land rebellieren die Bürger gegen Windkraftpläne. In Orten wie Mahlstetten auf der schwäbischen Alb steht oder fällt die Energiewende.

Der Konfliktberater Christoph Ewen versucht den Streit um die Windkraft so zu moderieren, dass Nachbarn darüber nicht zu Feinden werden. Ich war mit Ewen für die SZ unterwegs und habe mir im 800-Einwohner-Dorf Mahlstetten einen solchen Streit exemplarisch näher angesehen. Hier die Reportage.

Das war 2016

Mit ziemlicher Verspätung und obwohl ich zwischenzeitlich schon beschlossen hatte, es einfach ausfallen zu lassen, blicke ich nun doch noch auf mein Jahr 2016 zurück. Motivationsdank gebührt hierbei Katharina.

Weltgeschehentlich war das ja nun sicher kein gutes Jahr. Privat eher auch nicht, aber aufregend war’s, und das ist vielleicht sogar das Wichtigere. Was jetzt vor alem mit Blick auf die Welt zynisch klingen mag; aber Zynismus liegt mir fern. Wenn der Zynismus siegt, haben wir verloren. Bleiben wir aufrecht, bleiben wir bei der Wahrheit, und hören wir bitte nicht auf zu lachen. Das nehme ich mit hinüber in dieses neue, bessere, weiterhin aufregende, primzahlige Jahr 2017.

Besonders war 2016 natürlich wegen einigen Begegnungen und Bekanntschaften, die ich machen durfte. Kryptisch und weil ich diesen Blog ja auch als Privatarchiv für mich selbst schreibe, seien aufgezählt: C., J., L., M., M., P., T., V. und W. Ganz besonders und mich immer noch mit großer Freude, Begeisterung und Stolz erfüllend war 2016 aber zuallererst eines: die Veröffentlichung unseres zweiten Plan B-Albums „In Sachen Lärm“. Wir haben sehr viele gute Reaktionen darauf bekommen; doch vor allem ist es ein Album geworden, das ich mir selbst sehr gerne anhöre. Mindestens ebenso schön wie das Ergebnis war der Weg dorthin. Die Bandproben, die Bandcamps, die beiden Wochen im Studio, die Videodrehs, der Videoschnitt (High five, Ju!), die Fotoshootings, die Plakatier-Radltour, sogar die vielen Orgameetings und das verkaterte Putzen der verwüsteten Ballonfabrik. Danke für alles an die besten Bandkollegen der Welt! Auf weitere zwölf Jahre Kekse, Bier und Anarchie.

2016 war außerdem das Jahr, in dem ich versucht habe, mir das menschenmäßig größte Land der Erde zu erschließen. Inwiefern das geglückt ist, könnt ihr in einer kleinen Reiseblog-Serie nachlesen. Verbunden damit war ein Experiment im WhatsApp-Bloggen, das großen Spaß gemacht hat und das ich weiterverfolgen möchte. Zudem bin im vergangenen Jahr in einen Sportverein eingetreten und gehe seitdem sehr regelmäßig zum Training. Das ist toll.

Nun ja, gearbeitet habe ich auch ein bisschen. Moment: 2016 war das erste Jahr meines Lebens, in dem ich von Januar bis Dezember in einer festen Anstellung war! Ich bin nicht restlos überzeugt von dieser Art der Lebensführung, aber ich habe das Glück, einen Job zu haben, den ich jeden Tag gerne mache und in dem ich jeden Tag neues lerne. Daher kann das gerne so bleiben. Zu den Lieblingsprojekten meines Berufsjahres gehören „Im Reich der toten Tiere“ über Naturkundemuseen und Taxonomen, „Heiter bis tödlich“ über den Wetter- und Friedensforscher Lewis Fry Richardson, „6:45 Uhr Bad Aibling“ über ein furchtbares Zugunglück, „Was, euch gibt’s immer noch?“ über die Killerpilze und last but alles andere als leastAlles nur geerbt„, unser Volo-Projekt übers Erben.

Zum Schluss folgen aus gutem Brauch und weil Listen toll sind, einige Listen.

Gelesene Bücher 2016

Alle Bücher seit 2014 stehen hier.

  • Laszlo Bock: Work Rules!
  • Charles Dickens: Great Expectations
  • Hannah Dübgen: Strom
  • Didier Eribon: Rückkehr nach Reims
  • Jonathan Franzen: Die 27ste Stadt
  • Julia Friedrichs: Wir Erben
  • Steven Galloway: Der Cellist von Sarajevo
  • Robert Harris: Imperium
  • John Heilemann, Mark Halperin: Game Change
  • Yu Hua: China in ten words
  • Ryszard Kapuściński: The Shadow of the Sun
  • Elizabeth Kolbert: The Sixth Extinction
  • John Lanchester: Kapital
  • Mian Mian: Panda Sex
  • Yann Martel: Schiffbruch mit Tiger
  • Randall Munroe: What If?
  • B. Obermayer, F. Obermaier: Panama Papers
  • Dai Sijie: Balzac und die kleine chinesische Schneiderin
  • Philip Tetlock, Dan Gardner: Superforcasting
  • Uwe Timm: Kopfjäger
  • Edward O. Wilson: Half-Earth
  • Mo Yan: Das rote Kornfeld

Betanzte Konzerte 2016

  • Alligatoah (München)
  • Annenmaykantereit (Modular Festival, Augsburg)
  • Elbtonal Percussion (Grasbrunn)
  • Feine Sahne Fischfilet (Modular Festival, Augsburg)
  • Finding Feelings (Augsburg)
  • Fjørt (München)
  • Killerpilze (Augsburg, 2x München)
  • Moop Mama (München)
  • Schmutzki (Modular Festival, Augsburg)
  • Paincake (Augsburg, München)
  • Torben Tietz (Augsburg, Wohnzimmerkonzert)

Erste Male 2016

Nach einer Idee von David Bauer. Hier die Liste von 2015.

  • Zum ersten Mal selbstgemachte Musik auf eine Schallplatte pressen lassen (Auflage: zwei).
  • Zum ersten Mal eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz gestellt.
  • Zum ersten Mal einen Artikel auf der Titelseite geschrieben.
  • Zum ersten Mal Espresso und Schnaps gemischt.
  • Zum ersten Mal in China gewesen.
  • Zum ersten Mal einen 3000 Meter hohen Berg bestiegen.
  • Zum ersten Mal Lotuswurzel gegessen.
  • Zum ersten Mal Akupunktur (die drei letzten Punkte geschahen alle am gleichen Tag).
  • Zum ersten Mal Angst gehabt, jemand, der mir wichtig ist, könnte Opfer eines Terroranschlags sein.
  • Zum ersten Mal wirklich verstanden, wovon all die Lieder handeln.

Hier meine Jahresrückblicke auf 2015 und 2014.