Words And Numbers

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Über kreatives Manipulieren von Wahlen

Meine liebsten Geschichten sind die, bei deinen sich Politik und Mathe begegnen. Daher mag ich die Geschichte, die wir diese Woche im Wissenschaftsteil der SZ veröffentlicht haben. Es geht um einen beliebten Sport in den USA: das geschickte Zuschneiden von Wahlkreisen zum Vorteil der eigenen Partei. Bei US-Wahlen kommt es immer wieder vor, dass die Partei, die die Mehrheit der Stimmen in einem Senat erhält, am Ende trotzdem weniger Sitze im Repräsentantenhaus bekommt. Bei den vergangenen Kongresswahlen 2016 war das zweimal der Fall, in Wisconsin und Virginia.*

Wie das genau funktioniert, welche Auswirkungen es hat und mit welchen Methoden Mathematiker zu beurteilen versuchen, ob ein Wahlkreis fair eingeteilt ist, darüber schreibt hier mein Kollege Patrick Illinger. Julian Hosse und ich haben die Grafiken produziert.

Möglich war dieses Projekt, weil es in Amerika eine unglaubliche Fülle an öffentlichen Daten frei verfügbar und gut aufbereitet im Netz gibt. In Deutschland ist es deutlich schwieriger, solche Geschichten datengetrieben zu erzählen. Besonders hilfreich war in diesem Fall die Abteilung für Politikwissenschaft and der Universität von Kalifornien in Los Angeles, die die Umrisse der US-Wahlkreise seit dem 19. Jahrhundert sammelt.

*Der Titel dieses Beitrags entspricht dem Code-Befehl, mit dem ich aus der Liste der Wahlergebnisse eben jene beiden Fälle gefiltert habe: Dort ist das Vorzeichen (sign) der Stimm-Differenz zwischen Demokraten und Republikanern ein anderes als das der Sitz-Differenz.

Wie wir die Steuerpläne der Groko visualisiert haben


Für die aktuelle Ausgabe der SZ haben meine Kollegin Julia Kraus und ich eine Grafik produziert, die zeigt wer von geplanten Steuerentlastungen einer möglichen neuen Großen Koalition profitieren würde. Da ich danach gefragt wurde, hier ein paar Dinge zu unserer Vorgehensweise.

Grundlage der Simulation ist das Papier, in dem CDU, CSU und SPD die Ergebnisse ihrer Sondierungsgespräche festgehalten haben. Wir haben das Dokument auf SZ.de veröffentlicht (PDF). Ab Seite 15 gibt es ein Kapitel zu Steuern und Finanzen, das zwar relativ knapp gehalten ist, aus dem sich die wesentlichen Punkte aber dennoch ziemlich deutlich herauslesen lassen.

  • 90 Prozent der Steuerzahler sollen vom Soli befreit werden. Das sind alle Haushalte, die weniger als etwa 70.000 Euro brutto im Jahr verdienen.
  • Die Beiträge der Krankenkasse werden künftig wieder von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gleichmäßig bezahlt.
  • Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung sinken um 0,3 Prozentpunkte.
  • Kindergeld und Kinderfreibetrag werden erhöht.

Wissenschaftler der beiden Institute ZEW und IZA haben für uns die Auswirkungen dieser Maßnahmen berechnet. Dafür haben sie zwei Datengrundlagen verwendet: einmal einen Datensatz der Finanzverwaltung, der anonymisierte Steuererklärungen erhält. Darin sind ca 40 Parameter enthalten, die für die Steuer relevant sind – Kinderzahl, Freibeträge, Steuerklasse etc. Außerdem Daten aus dem Sozio-ökonomischen Panel, einer großen Bevölkerungsbefragung, bei der die Teilnehmer Angaben etwa zu ihren Einkommensverhältnissen machen. Beide Datensätze haben gewisse Schwächen, in der Kombination erlauben sie es den Forschern aber Cross-Checks zu machen und zu sehr validen Ergebnissen zu kommen.

Für jeden Einträg in diesen Datensätzen können die Forscher nun berechnen, was die von der Groko geplanten Änderungen an den Formeln für Steuern und Sozialbeiträge ändern würden, und daraus die gesamte Entlastung für jeden Haushalt berechnen. Daraus haben wir mehrere Auszüge veröffentlicht: die durchschnittliche Entlastung für zehn verschiedene Einkommensgruppen und für verschiedene typische Beispiel-Haushalte. Und das, was die Grafik oben zeigt: die jeweilige Entlastung für etwa 15.000 repräsentativ ausgewählte Einzelhaushalte.

Auf diese Visualisierung bin ich ein bisschen stolz. Denn das deutsche Steuersystem ist mit all seinen Ausnahmen und Sonderregelungen hochkomplex und hochindividuell. Kaum ein Steuerfall gleicht dem anderen. Daher zeigen wir nicht nur Mittel- und Beispielwerte – sondern in einer Grafik mit 15.000 Einzelpunkten das ganze Spektrum.

Hier noch eine Variante der Grafik, die die relative Entlastung in Prozent des Einkommens zeigt:

Das Projekt ist inspiriert von dieser Visualisierung der New York Times.

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