Beim Durchblättern der Mitgliederzeitschrift von Greenpeace bin ich über einen Artikel zu veganer Ernährung gestolpert. Das Thema ist ja kein wirklich exklusives; auf Zeit Online beispielsweise gab es kürzlich eine ganze Themenwoche darüber. Ich habe also nicht wirklich erwartet, in dem halbseitigen Text auf größere Neuigkeiten zu stoßen, dafür aber auf viel Propaganda für den Verzicht auf tierische Lebensmittel. Irgendwie habe ich den Artikel dann trotzdem gelesen, und beide Erwartungen haben sich als unzutreffend erwiesen. Der Artikel enthielt tatsächlich mir unbekannte Fakten, und die sprachen auch noch gegen eine vegane Ernährung. Greenpeace zitiert Gerold Rahmann vom Thünen-Institut für ökologischen Landbau:
„Würden wir aufhören, Kühe, Schafe und Ziegen zu halten, müssten wir verstärkt Grünland zu Acker umpflügen.“
Hintergrund ist der, dass es auf der Erde wesentlich mehr Weide- als Ackerflächen gibt. Ich habe das mal bei der Welternährungsorganisation FAO nachrecherchiert. Demnach gibt es auf der Erde etwa 33,6 Millionen Hektar Wiesen und Weiden, aber nur knapp 14 Millionen Hektar Ackerland. Und was auf diesen Wiesen wächst, nämlich Gras, kann der Mensch nicht verdauen, er muss den Umweg über Wiederkäuer machen. Also Kühe, Ziegen und Schafe. In dieser Dimension, dass es weltweit mehr als doppelt soviel Weide- wie Ackerfläche gibt, war mir das neu. Die dritte Kategorie, in die landwirtschaftliche Flächen eingeteilt werden, sind sogenannte Dauerkulturen, also etwa Obstplantagen und Weinberge, die machen aber nur 1,5 Millionen Hektar aus.
Ein fantastisches vegetarisches Gericht: Tortillas mit Käse, Bohnen, Mais und Paprikapaste, serviert im „Radost“ in Belgrad
Man fragt sich natürlich, warum man dann nicht einfach die ganzen Weiden zu Äckern umpflügt, da fleißig Sojabohnen anpflanzt, und jeder bekommt sein Tofuschnitzel, fertig. Erstens sind grüne Wiesen viel schöner anzuschauen als staubige Äcker, auf denen ein Mähdrescher seine Runden dreht, zweitens wesentlich artenreicher und drittens als CO2-Senken wichtig für den Klimaschutz. Und dann gibt es viertens Wiesen wie die Almen in den Allgäuer Alpen, wo keine Landmaschine so gut hinkommt wie die gute, alte, braun-weiß gefleckte Milchkuh. Wobei Farbe und Musterung des Felles bei näherer Überlegung damit nicht so viel zu tun haben. Glaube ich zumindest.
Ich persönlich kann auf Fleisch super verzichten, komme aber ganz schlecht ohne Milch und Käse aus – also möglicherweise ist das hier nur ein klassischer Fall von „Jeder sucht sich die Fakten raus, die ihm am besten passen“. Und grundsätzlich ist es ja total vorbildlich, sich vegan zu ernähren. Aber als Konzept für die Welternährung ist es, das zeigen diese Zahlen, nicht unbedingt der (einzige) goldene Weg.
Mehr zum Thema „Essen und Trinken„